In den letzten Jahren haben sich die Behandlungsergebnisse vieler Krebsarten deutlich verbessert. Jedoch sind die Erfolge in vielen Bereichen sicher nicht zufriedenstellend. Es müssen bei vielen Erkrankungen noch bessere, wirksamere und sicherere Behandlungsmethoden gefunden werden. Die Suche nach diesen neuen und besseren Methoden erfordert eine systematische kontrollierte Erprobung neuer Medikamente, Bestrahlungs- und Operationsmethoden. Hierzu dienen Therapiestudien.
Wenn Sie selbst nach der besten Therapie für eine Erkrankung suchen, werden Ihnen viele Behandlungen unterschiedlichster Art empfohlen, zu denen Ihnen oft vielversprechende Erfolge aufgezeigt werden. Jedoch verlaufen Krankheiten bei verschiedenen Patienten sehr unterschiedlich, und ein Medikament, das bei einem Patienten eine gute Wirksamkeit zeigt, kann bei einem anderen völlig wirkungslos sein. Daher ist die Ableitung der Wirksamkeit eines Medikamentes aus der Erfahrung der Behandlung einzelner Patienten immer sehr problematisch, da sie auf Zufällen beruhen kann. In klinischen Studien werden Behandlungen unter kontrollierten Bedingungen und genauer Überwachung an einer möglichst großen Anzahl von Patienten durchgeführt. Die statistische Auswertung der so gewonnen Ergebnisse erlaubt eine sicherere Vorhersage, für welche Patienten die Therapie den größten Nutzen bringt, und auch mit welchen unerwünschten Nebenwirkungen wie oft gerechnet werden muss. Voraussetzung hierfür ist eine sorgfältige Planung. Diese soll verhindern, dass äußere Einflussfaktoren, wie z. B. das Stadium der Erkrankung, Alter oder Begleiterkrankungen das Studienergebnis verfälschen.
Präklinische Studien
Substanzen, die möglicherweise als Medikament eingesetzt werden sollen,
werden zunächst in einer Reihe von Experimenten im Labor untersucht.
Der Wirkungsmechanismus wird erforscht und die Wirkung der Substanz in
Zellkulturen und im Tierexperiment getestet.
Klinische Phase-I-Studien
Zunächst wird eine neue Substanz an einer kleinen Anzahl von
Studienteilnehmern getestet. Hierbei wird die Substanz in der Regel in
verschiedenen Dosierungen eingesetzt. Ziel von Phase-I-Studien ist es
noch
nicht die Wirksamkeit der Substanz zu überprüfen, sondern etwas über
die optimale Dosierung und die Abbau- und Ausscheidungsvorgänge zu
erfahren. Risiken sind in dieser frühen Phase sicher nicht vollständig
auszuschließen, aber sie beinhalten auch evtl. die Chance, bei einer
bisher nicht behandelbaren Erkrankung ein möglicherweise wirksames
Medikament zu erhalten.
Klinische Phase-II-Studien
Der durch eine Phase-I-Studie für sicher befundene Dosisbereich wird
nun in der Behandlung einer größeren Anzahl von Patienten eingesetzt.
Hierbei wird auch schon auf die Wirkung des Medikamentes geachtet, um
möglichst die wirksamste Dosis bei bester Verträglichkeit festzulegen.
Klinische Phase-III-Studien
In Phase-III-Studien geht es rein um die Wirksamkeit des Medikamentes.
In der Regel wird das neue Medikament mit einer bisherigen Therapie
verglichen. Es soll gezeigt werden, ob es besser oder schlechter ist
als die bisherige Behandlung. Falls es bisher keine Therapie bei der
Erkrankung gab, kann auch ein Scheinmedikament (Placebo) zum Vergleich
eingesetzt werden.
Die Ergebnisse dieser aufwendigen klinischen Prüfungen dienen
letztendlich als Grundlage, ob ein neues Medikament vom Bundesinstitut
für Arzneimittel zugelassen wird.
Therapie-Optimierungsprüfung
Bei Therapie-Optimierungsprüfungen geht es nicht mehr um die Erprobung
neuer Medikamente. Vielmehr wird in diesen Studien untersucht, ob sich
z.B. durch eine Kombination verschiedener, schon zugelassener
Medikamente oder deren Gabe in unterschiedlicher zeitlichen
Abfolge, bisherige
Therapieerfolge noch verbessern lassen.
Die Sicherheit der Studienteilnehmer ist einer der wichtigsten Aspekte bei der Planung und Durchführung klinischer Studien. Studien müssen nach einem internationalen Standard geplant und durchgeführt werden. Vor Studienbeginn müssen die Gründe, warum diese Studie durchgeführt werden soll, bisher vorliegende Untersuchungen, der genaue Ablauf und die Ziele der Studie in einem Studienprotokoll festgelegt und einem unabhängigen Kontrollgremium, einer Ethikkommission, vorgelegt werden. In dieser Kommission aus erfahrenen Ärzten, Juristen und medizinischen Laien wird genau geprüft, ob die Studie überhaupt sinnvoll ist, ob die Studienteilnehmer unnötigen Gefahren ausgesetzt werden und ob die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden. Nur mit der Zustimmung dieser Kommission kann eine Studie durchgeführt werden.
Der direkte Vorteil der Behandlung für einen Studienteilnehmer ist,
dass er die im Augenblick sicher optimale Therapie erhält. Bei neuen
Medikamenten beinhaltet dies die Chance vor dessen
Zulassung, bis zu der Jahre vergehen können, ein möglicherweise im
Vergleich zu älteren Therapien wirksamere Behandlung zur erhalten. Die
Ergebnisse einer Studie erlauben in der Folge eine sicherer Aussage wie
die optimale Behandlung einer Erkrankung aussehen sollte.
Möglicherweise kommt dieses Wissen aber erst nachfolgenden Patienten zu
gute.
Randomisation
Wenn eine neue Therapie mit einer älteren verglichen werden soll und
der jeweilige behandelnde Arzt über die Therapie entscheideen würde,
kann es
passieren, dass in der Studiengruppe, die das neue Medikament erhält,
sich plötzlich viel mehr Patienten mit einem frühen Stadium der
Erkrankung befinden. Dies würde natürlich die Untersuchungsergebnisse
stark beeinflussen. Aus diesem Grund werden bei einigen Studien, die
jeweils zu untersuchenden Therapien zufällig zugeteilt. Dies wirkt im
ersten Augenblick etwas befremdlich, da der Proband eine zufällig
ausgewählte Therapie erhält. Man muss sich aber klar machen, dass die
Studie nur deshalb durchgeführt wird, weil niemand sagen kann, welche
von beiden Behandlungen die bessere ist. Auch die Zuordnung durch den
behandelnden
Arzt würde sich nicht auf durch große Untersuchungen erworbens Wissen,
sondern auf die
immer begrenzte und persönliche Erfahrung stützen.
Verblindung
Alleine der Glaube ein neues, wirksameres Medikament zu erhalten kann
schon zu einer Verbesserung von Beschwerden führen. Dies ist jedoch
keine eigentliche Wirkung des Medikamentes und würde daher die
Ergebnisse einer Studie verfälschen. Um dies zu vermeiden, wird dem
Patienten in einigen Studien nicht mitgeteilt, ob er das zu
untersuchende Medikament erhält, oder möglicherweise nur ein
„Scheinmedikament“, ein sogenanntes Placebo.
Aber auch die Beurteilung der Wirkung eines Medikamentes kann durch die
persönliche Einstellung des untersuchenden Arztes beeinflußt werden.
Damit auch Ärzte oder Untersucher keinen unbewußten Einfluß nehmen
können,
ist bei einigen Studien auch dem Arzt nicht bekannt, welcher Patient,
welche Therapie erhält. Diese Studien nennt man Doppelblind-Studien.
Aufklärung
Die Studienteilnehmer müssen vor Beginn der Behandlung in einer Studie
ausführlich über den Sinn der Studie sowie deren Nutzen und mögliche
Risiken
aufgeklärt werden. Sollten Sie selbst die Teilnahme an
einer Studie erwägen, ist es wichtig, dass Sie sich genau informieren
und sich auch genügend Zeit nehmen, um über die Teilnahme zu
entscheiden. Es ist Ihnen aber auch im Laufe einer Studie jederzeit
möglich, ihr
einmal gegebenes Einverständnis ohne Angabe von Gründen zurückzuziehen.